Die Jugend in der Politik

Jugend & Parlament

Erfahrungsbericht von Henrik Quast

Was ist Politik? Wie entstehen Gesetze? Was macht ein Politiker eigentlich den ganzen Tag so, wenn er (wie oft in Übertragungen zu sehen) nicht mal an den Sitzungen im Plenarsaal teilnimmt?

Das sind nur einige der Fragen, die man sich als Jugendlicher zum Thema Parlament stellen kann. Um all diese Fragen ein wenig zu beantworten, wird einmal im Jahr vom Besucherdienst des Deutschen Bundestages das Planspiel „Jugend und Parlament“ organisiert und durchgeführt. Es gibt 315 „jugendlichen Abgeordneten“ die Möglichkeit, den Gesetzgebungsprozess in etwas reduzierter Form zu erleben. Die realen Verhältnisse werden in Berlin dabei so gut wie möglich nachgestellt, um den Jugendlichen einen sehr realistischen Einblick in den Prozess zu geben.

So wie auch ich haben wohl die meisten Schüler diese Fragen und Themen schon mal im Politikunterricht behandelt und versucht zu beantworten. Mit diesem theoretischen Wissen gerüstet, habe ich mich sehr gefreut von Herrn Grundmann für die Teilnahme an dem Planspiel vorgeschlagen worden zu sein und bin ich die Zugfahrt nach Berlin mit eher persönlichen Fragen angetreten.

Wie fühlt sich Politik an? Welches Gefühl ist es im Plenarsaal des Bundestages, dem Zentrum der Gesetzgebung der Bundesrepublik, zu sitzen? Wie ist es dort am Rednerpult zu stehen, wenn alle Blicke auf einen gerichtet sind und man versucht, sich für seine politische Überzeugung zu rechtfertigen und andere davon zu überzeugen? Wie fühlt es sich an in einer Verhandlung um jedes Wort zu streiten und am Ende dennoch einen Konsens zu erzielen, mit dem alle leben können?

Ich kann im Vorwege sagen, dass sich fast alle meine Fragen in den vier Tagen der Teilnahme an diesem Planspiel in Berlin beantwortet haben.

Während dieser Zeit war ich nicht mehr Henrik Quast, sondern Gerhard Kurt, pensionierter Jugendrichter am Landgericht Düsseldorf, Mitglied der APD (Arbeitnehmerpartei Deutschland: im Planspiel die SPD) und direkt gewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Als Mitglied des Verteidigungsausschusses war ich für die Erteilung eines Bundeswehrmandats für einen Sicherungseinsatz einer europäischen Ausbildungsmission in einem Westafrikanischen Land zuständig. Dieses war der Antrag der Bundesregierung mit dem wir uns – neben einem Tierschutzgesetz, der Aufnahme der Deutschen Sprache als Landessprache in das Grundgesetz und der Einführung bundesweiter Volksabstimmungen – in den vier Tagen als Abgeordnete befassen durften.

Als Verteidigungspolitiker war es meine Aufgabe, Einschätzungen darüber abzugeben, in wie weit unsere Soldaten bei dem Auslandseinsatz gefährdet sein könnten und wie man das Gefährdungsrisiko auf ein Minimum reduzieren könnte.
Als Teil der Regierungskoalition mussten wir uns dabei mit unserem Koalitionspartner CVP (CDU/CSU) eng abstimmen, um möglichst geschlossen aufzutreten. Die hierzu nötigen Verhandlungen erstreckten sich über mehrere Stunden und wurden sehr intensiv geführt. Meine Frage, wie sich solche Verhandlungen anfühlen, wurde also schon mal beantwortet. Es war sehr anstrengend, weil man manchmal das Gefühl hatte, gegen eine Wand zu reden, da die Mitglieder der PSG (Die Linke) kategorisch alles erstmal abgelehnt haben. Manchmal fühlte sich die Wort- oder Formulierungsfindung auch wie beim Feilschen auf dem Flohmarkt an. Wir waren aber sehr froh und erleichtert, dass wir am Ende einen Kompromiss gefunden haben, dem sogar die ÖVP (Die Grünen) zustimmen konnte.

Meine Frage nach dem Gefühl im Plenarsaal wurde zwei Tage später – bei der endgültigen Abstimmung – auch beantwortet. Eigentlich war vorher klar, wie die Abstimmungen ausgehen würden, da die Regierungsfraktionen eine nahezu erdrückende Mehrheit besaßen. Bei der Abstimmung über das Tierschutzgesetz gab es dann aber so viele Abweichler aus unseren Reihen, dass die Abstimmung zweimal wiederholt werden musste, bevor eine Zählung ein klares Ergebnis brachte. Damit hatte keiner gerechnet, aber es hat uns eindrucksvoll vor Augen geführt, wie endgültig diese Entscheidung ist und wie wichtig doch die Stimme jedes Einzelnen sein kann. Alle Gesetzesanträge und Anträge sind übrigens angenommen worden. Das Gefühl im Plenarsaal war ein überragendes. Auch wenn es sich bei uns „nur“ um fiktive Gesetze gehandelt hat, hat man sich z. B. doch ein bisschen dafür verantwortlich gefühlt, Soldaten in den gefährlichen Auslandseinsatz zu schicken und damit Menschenleben zu riskieren.

Eine Rede im Bundestag konnte ich leider nicht halten. Da es aus unserer Fraktion drei Interessenten dafür gab, haben wir gelost. Leider war das Losglück dabei nicht auf meiner Seite.

Aber auch abseits unserer Arbeit im Bundestag war es eine absolut lohnenswerte Veranstaltung. Ich habe einiges gesehen, das ich als „normaler“ Bundestagsbesucher nicht zu sehen bekommen hätte und viele nette, etwa gleichaltrige, engagierte Menschen mit ähnlichen Interessen kennengelernt und auch abends im Hotel noch interessante Unterhaltungen führen können. Wobei unser Hauptgesprächsthema ein doch eher Bedenkliches war: Die AfD. Wie soll man mit ihr umgehen? Wie kann man ihren Populismus entgegenwirken und ihn entlarven? Diese Fragen wurden von uns auch nochmal aufgegriffen, als zum Abschluss der Veranstaltung eine Podiumsdiskussion mit den „echten“ Fraktionsvorsitzenden aller Bundestagsparteien stattfand. Nach diesem letzten Highlight traten wir alle, nach vier insgesamt spannenden, lehrreichen, aber auch anstrengenden Tagen mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen unsere Heimreisen an.

Abschließend möchte ich mich bei Oliver Grundmann bedanken, der mich zu „Jugend und Parlament“ eingeladen hat und der mich zusammen mit seinem Team, insbesondere mit seiner Büroleiterin Svenja Frerichs, die vier Tage in Berlin hervorragend betreut hat. Vielen Dank dafür! Ohne Sie hätte ich dieses beeindruckende Erlebnis nicht machen können.

Des Weiteren möchte ich alle Jugendlichen dazu aufrufen, sich insbesondere auch politisch zu engagieren. Nur mit unserem Engagement können wir unsere Zukunft aktiv gestalten und Strömungen wie der AfD entschlossen entgegentreten.


Jugend und die USA (PPP)

Mit dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm in die USA

Einmal über den Tellerrand zu blicken, neue Kontakte zu knüpfen und eine andere Kultur zu erleben – das ist eine große Chance und eine Bereicherung für das ganze Leben!

Seit 1983 gibt das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) jedes Jahr Schülerinnen und Schülern sowie jungen Berufstätigen die Möglichkeit, mit einem Stipendium des Deutschen Bundestages ein Austauschjahr in den USA zu verbringen. Zeitgleich reisen junge US-Amerikaner nach Deutschland. Die Bundestagsabgeordneten betreuen die Stipendiaten als Paten.

Das Austauschjahr startet im Sommer. In der Regel sind die Stipendiatinnen und Stipendiaten in den USA in Gastfamilien untergebracht. Während Schülerinnen und Schüler für ein Schuljahr eine amerikanische Highschool besuchen, nehmen junge Berufstätige am Unterricht eines Community Colleges oder einer vergleichbaren Bildungsstätte teil und absolvieren ein Praktikum in einem amerikanischen Betrieb. Eine tolle Möglichkeit, in den Alltag in einem anderen Land reinzuschnuppern und den Horizont zu erweitern!

Bewerben können sich Schülerinnen und Schüler zwischen 15 und 17 Jahren sowie junge Berufstätige und Auszubildende, die zum Zeitpunkt der Ausreise ihre Ausbildung abgeschlossen haben und nicht älter als 24 Jahre sind. Das Stipendium umfasst die Reise- und Programmkosten sowie die notwendigen Versicherungskosten. Die Stipendiaten werden von erfahrenen Austauschorganisationen betreut, die seit vielen Jahren mit dem Deutschen Bundestag zusammenarbeiten.

Wenn auch Du als Junior-Botschafter Deutschlands in die USA gehen und Deine Heimatregion repräsentieren willst, dann nutze Deine Chance und bewerbe Dich für das PPP! Alle Informationen und die erforderlichen Unterlagen findest Du auf den Seiten des Bundestages.

Viel Glück!


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